Eine kleine Alltags-Situation.
Zwei Kinder streiten sich um ein Auto. Das eine Kind hat es gebaut, das andere spielt jetzt damit, das Kind, welches es gebaut hat, will es nun zurück.
Was tun?
Ich laufe gerade an unserer Lego-Ecke vorbei und höre wie ein Kind wütend ist: Alice schreit: „Max hat mein Auto! Das will ich wieder haben!“
Die Stimmung ist schon nicht mehr entspannt! Ich werde nun gebraucht, sonst kippt die Stimmung gleich total.
Alice ist jetzt schon sehr aufgebracht… Sie will das Auto von Max zurück, jetzt sofort.
Max sagt: „Das Auto gehört nicht dir, es war in der Lego-Kiste.“ „Aber ich habe es gebaut“ erwidert Alice.
Meine erste Amtshandlung ist: Ich bleibe ruhig. Unsere Nervensystem wird oft sehr unruhig, wenn eine unharmonische Situation passiert, wir sind dann genervt, gestresst und unruhig. Kinder reagieren immer auf unseren inneren Zustand. Also ist es so wertvoll, wenn ich mich zu allererst selbst beruhige. Als nächstes setzte ich mich zwischen die beiden Kinder!
Also beide wollen mit dem Auto spielen. Hmmmm. Stimmt, Alice hatte dieses Auto letzte Woche gebaut, es hat sie aber nicht mehr interessiert. Bis jetzt. Bis sie sieht, mit welcher Freude Max mit IHREM Auto spielt.
Also, was tun?
Ich entscheide und positioniere mich innerlich.
„Du willst das Auto gerne wieder haben!“ sage ich zu Alice „Und du hast das Auto gefunden und willst jetzt weiter mit dem Auto spielen“ sage ich zu Max. Ich wende mich beiden einzeln zu, ganz in Ruhe, ich sehe sie. Sie nicken beide eifrig. Meine Ruhe hat schon ihre erste Wirkung. 😉 Und sie fühlen sich gesehen und gehört.
„Und es stimmt, Alice. Du hast dieses aufwendige Auto letzte Woche gebaut. Ich erinnere mich, mit einer tollen Ausstattung, du hast es mir gezeigt!
Und du weißt ja, am Ende der Woche kommen alle gebauten Teile wieder zurück in die Kiste und wir zerteilen sie. Dein Auto wurde scheinbar nicht ganz auseinander gebaut und Max hat es nun in der Kiste entdeckt. Er hat es zu seinem Auto gebaut. Es ist jetzt diese Woche seins!“
Ich bin ganz klar! Ich bin auch liebevoll und zugewandt, aber deutlich und innerlich klar!
Alice ist immer noch wütend und sehr gefrustet. Sie hat die Situation und ihren Frust noch nicht überwunden. Sie braucht mich noch.
Max hat sich nicht weiter von dem Konflikt stören lassen und spielt weiter.
Es grummelt noch eine kleine Weile
Ich merke, Alice braucht noch Begleitung im Frust. Sie ist noch ganz hart. Ich bleibe mit ihr. Nach einer Weile wird sie weicher. Sie braucht jetzt die Verbindung zu mir. Weil ich ruhig bleibe, kann sie sich nun in meine Ruhe fallen lassen.
In meiner Gegenwart tankt sie gerade merklich wieder auf und findet zu sich und zu ihrer eigenen inneren Ruhe.
Das Leben geht weiter
Das Leben geht im wahrsten Sinne des Wortes weiter. Nach dem verrauchten Ärger beginnt Alice, etwas neues aus Lego zu bauen. Nach einigen (wenigen) Sekunden ruft sie genau das Kind, Max, was sie gerade noch so schrecklich, doof und nervig fand!
Max kommt mit all seinen Legoteilen um die Ecke: „Brauchst du was von meinen Teilen?“ fragt er strahlend und total kooperativ.
Alice sagt: „Nein, ich brauche DICH!“
Ich halte kurz inne, wie magisch, wie wertvoll, dass ich ein Kind durch seine Gefühle begleiten darf und es danach so weich und liebevoll mit seinem Umfeld umgeht.
Zusammen beginnen sie etwas zu planen und zu bauen.
Eckart Tolle schreibt in einem seiner Bücher, dass wir es doch wie die Enten machen sollen. Nach einem kleinen oder großen Streit, „einfach“ die angestaute Energie loswerden indem wir ein paar Mal mit den Flügeln schlagen und dann zurück zum Alltagsgeschehen. Keine Story draus machen, nicht mit alten Geschichten verknüpfen, kein Drama kreieren.
Überraschung: Kinder machen es genau so! Wie so oft können wir von ihnen lernen.
Max und Alice spielen jetzt total schön und vertieft.
Mein altes Agieren hinter mir lassen
Ich hätte auch machtvoll entscheiden können, dass Max im Recht ist und jetzt einfach mit dem Auto spielen darf.
Ich hätte ansagen können, dass Alice lernen muss zu teilen. Ich hätte beiden das Auto ganz wegnehmen können. Ich hätte auch gar nichts machen können, weil ich denke, ich lass mal laufen. Das sollen die miteinander klären. Das müssen die doch lernen.
So oder so ähnlich machen wir es oft. Vor allem in unserem stressigen Job-Alltag. Mir ging es früher genau so.
Im Alltag kinderwärts unterwegs sein
Diese kleinen Alltags-Szenen kennst du bestimmt… Sie erinnern mich daran, wie ich handeln und agieren möchte. Wertschätzend und gleichwürdig will ich den Kindern begegnen, sie dennoch nicht vor Frust bewahren, sondern sie hindurch begleiten.
Ich möchte sie nicht allein lassen, denn sie lernen erst noch, wie sie mit Konflikten umgehen können. Ich bin diejenige, die ihnen Orientierung bietet. Ich bin ganz klar und mache ggf. auch Vorgaben und Ansagen.
Ich bin ihr Fels, in dem sie ihre eigene Ruhe wiederfinden.
Alice und Max bauen voll explosiver Freude Autos. Ich werde hier gerade nicht mehr gebraucht und verlasse leise den Raum…!
Zusammenfassung meiner Handlungsschritte:
- Ich verstehe, die Kinder brauchen eine Begleitung.
- Ich beruhige zu allererst mein eigenes Nervensystem.
- Ich setzte mich zwischen die Kinder.
- Ich sehe und höre jeden von beiden.
- Ich positioniere mich innerlich, werde mir klar.
- Ich drücke diese Haltung in wenigen Worten mit Klarheit aus.
- Ich bleibe dabei zugewandt und wertschätzend.
- Ich begleite die Kinder in ihrem Frust mit meiner Ruhe, meiner Geduld und meiner Klarheit bis sie wieder weich werden.
- Der Alltag darf weiter gehen.
Diese Situation ist aus meinem Alltag, nicht konstruiert, genau so passiert. Danke fürs lesen und danke, dass du kinderwärts unterwegs bist!
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